Hallo!
Diesen Blogeintrag über unser Konzert im November 2015 habe ich schon vor langem geschrieben und wollte ihn im Advent veröffentlichen. Die Fotos vom Konzert wurden mir immer wieder versprochen, aus verschiedenen Gründen gelangten sie jedoch erst heute zu mir. Daher mit Verspätung – aber keine Sorge, das Lesen und Bilder Anschauen wird sich trotzdem noch lohnen.
Johannes
Vor uns ist alles dunkel. Und aus dem Finsteren schauen zig Augen nur auf uns. Wir sind strahlend hell von blendenden Scheinwerfern beleuchtet. Gerade war noch alles hektisch, schneller Umbau, zügig wurden die Instrumente gestimmt. Doch nun ist alles ruhig, nur unsere Herzen pochen eifrig. Jetzt ist er da, unser erster Auftritt. Die Geigen sind gehoben, die Bögen liegen auf den Saiten und konzentriert warten wir auf den Einsatz.
Am 28.11. fand das geniusHive End-of-year-concert unter dem Motto „Together for good“ in einer Kirche in Legon, dem Universitätsstadtteil von Accra, statt. Musiker und Musikschüler mit verschiedenen Beziehungen zur ghanaischen Musikschule geniusHive präsentierten ihr Können vor einem interessierten Publikum. Auch Schüler von Musiker ohne Grenzen waren auf der Bühne.
Schon über einem Monat vorher begannen die Geigenschüler im Kinder Paradise, ihren Beitrag zum Konzert zu üben. Sie spielten das griechische Lied „Xenina mja psaropula“. Aufgeteilt in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Stimmen spielten sie auf leeren Saiten. Ich spielte die Melodie dazu. Obwohl die Schüler nur auf leeren Saiten spielten, war das Stück nicht zu unterschätzen. Denn die 7/8-Taktart ist nicht nur für Anfänger ungewohnt. Der Rhythmus war daher etwas kompliziert und es war nicht einfach, immer zusammen und im Tempo zu bleiben. Doch mit Wörtern wie „orange juice, fanta, fanta!“ oder „violin, guitar, guitar!“ verstanden die Kinder Taktart und Rhythmus und hatten gleich viel mehr Spaß dabei.
Obwohl die Geigen-Anfänger in Nima erst im Oktober mit dem Unterricht begonnen hatten, war einer von ihnen in der Lage, dasselbe Stück bis zum Konzert aufführungsreif zu spielen.
Im Kinder Paradise übten die Geigenschüler also ihr griechisches Lied und Julius und ich begannen, dem Chor die vierstimmigen Lieder „In Christ alone“ und „Christmastime“ beizubringen. Da die Zeit zum Konzert am Ende knapp wurde, fuhren wir zweimal am Mittwochabend zur Chorprobe nach Prampram. Dort genossen wir nach anstrengenden, aber konstruktiven Proben ein hervorragendes nächtliches Spagetti-Mahl unterm Summerhut. Während ich jeweils bis Freitag zum Geigen- und Musikunterricht im Heim blieb, machte sich Julius auf den Weg nach Hause, wo er erst um 23 Uhr ankam. Julius, der Leiter von geniusHive, zeigt einen unglaublichen Einsatz für den Musikunterricht für Kinder und Jugendliche; besonders was das Straßenkinderheim betrifft. Das bestätigt, dass Musiker ohne Grenzen e.V. AK Ghana mit geniusHive einen tollen und verlässlichen, einheimischen Partner gefunden hat.
Christmastime sollte das letzte Stück im Konzert werden. Ein grandioser Abschluss mit großem Chor und Orchester. Für den Chor sollten zwei Chöre zusammen singen: Der Chor des Kinder Paradises und der Legon Interdenominational Church Choir. Die Instrumentalisten waren Lehrer und Schüler von geniusHive, die MoG-Streicher aus Nima, Nungua und Prampram, Mitglieder des Accra Symphony Orchestras, des National Symphony Orchestras und von Afro Maestros.
Am Sonntag vor dem Konzert gab es die erste gemeinsame Probe mit Geigen und Chor im Kinder Paradise. Die Kinder waren schon voller Vorfreude auf das Konzert. Die Generalprobe fand am Donnerstag in der Kirche in Legon statt. Die Kinder aus dem Kinderheim kamen mit ihrem Bus, für die Kinder aus Nima und Nungua mieteten wir einen Trotro. Obwohl es spät war und die Anreise lang, waren die Kinder bei der Probe sehr konzentriert. Mit so vielen anderen zusammen zu musizieren und andere Instrumentalschüler kennenzulernen, war für sie, wie sie erzählten, ein sehr schönes Erlebnis.
Am Samstag war es dann so weit. Ein Trotro, gestopft voll mit den aufführenden Schülern aus Nungua und Nima, sowie einigen interessierten Kindern aus Nima, die zum Zuschauen kamen, rollte auf den Parkplatz vor der Kirche. Auch der Kinder-Paradise-Bus und die anderen Beteiligten trafen ein. Aufbau, Soundcheck, die letzte Probe und auf einmal ging das Konzert schon los. Bernard, ein Celloschüler aus Nungua, spielte mit Isaac, dem Cellisten von geniusHive, ein Menuett von Bach.
Es folgten Stücke für Klavier, Querflöte, Geige und Gitarre, von Barock über Klassik und Romantik bis hin zur Moderne. Nach einer kleinen Umbaupause eröffneten die Geigen vom Kinder Paradise zusammen mit einem Geigenschüler aus Nima den letzten Konzertteil mit „Xenina mja psaropula“.
Wir fangen zusammen an. Töne, Rhythmus, Tempo, Wiederholung, Pausen – es klappt.
Gemeinsam fliegen unsere Bögen mit dem letzten Aufstrich in die Luft. Das Publikum beginnt, zu klatschen und wir wissen: Unser erster Auftritt – wir haben ihn gut gemacht.
Es folgte „In Christ alone“ und „Christmastime“. Das Publikum applaudierte begeistert. Nach dem Konzert wollten die Zuhörer erst gar nicht gehen, so gut gefiel es ihnen. Dabei rundete die instrumentale Zugabe „See You Again“ das Programm ab und vermittelte die Botschaft: Bis zum nächsten Konzert!